Gebrauchte Klaviere

Wenn Sie ein gebrauchtes Klavier kaufen möchten, könnten die nachfolgenden Hinweise für Sie hilfreich sein.

Als Grundregel sollte gelten, dass man ein gebrauchtes Klavier nicht kaufen sollte, ohne es persönlich gesehen und insbesondere gespielt zu haben. Wenn Sie Ihr Klavier z. B. bei ebay ersteigern möchten, sollten Sie Ihre Auswahl daher auf Instrumente beschränken, die sich in einem Umkreis befinden, der für Sie mit sinnvollem Aufwand erreichbar ist. Denn auch wenn viele Klaviere sehr schön aussehen und vom Verkäufer als gut erhalten etc. beschrieben werden, sind Sie dadurch nicht vor teuren Überraschungen sicher, wenn sich das Klavier z.B. nicht mehr stimmen lässt.

Auch wenn die vollständige Beurteilung eines Klaviers nur durch einen Klavierbauer möglich ist, so gibt es doch einige Dinge, die ein Klavierspieler oder sogar ein Noch-Nicht-Klavierspieler an einem Klavier überprüfen kann, um die größten Fehler beim Klavierkauf auszuschalten. Im Zweifelsfalle gibt es auch viele Klavierbauer, die sich Ihr Wunschklavier für einen überschaubaren Preis vor Ort mal ansehen.

Da die Lebensdauer der akustischen Anlage von Klavieren, insbesondere des Resonanzbodens, begrenzt ist, ist das Alter ein zentrales Kriterium beim Klavierkauf. In erster Linie lässt sich das Alter mit Hilfe der Seriennummer feststellen, die auf der Gussplatte im Inneren des Klaviers zu finden ist. Anhand von Tabellen lässt sich damit das Alter feststellen. Diese Tabellen sind teilweise im Internet zu finden, ggf. kann auch die Kontaktaufnahme mit dem Hersteller oder einem Händler sinnvoll sein, um das Alter herauszufinden.

Eine andere Möglichkeit zur Feststellung des Alters kann die Bauweise sein. Klaviere, bei denen sich die Dämpfer (die den Ton beim Loslassen der Taste beenden) oberhalb der Hammerköpfe befinden (sog. “Oberdämpfer”) werden in der Regel schon ein Alter von ca. 100 Jahren haben, können dementsprechend nicht mehr viel wert sein, auch wenn sie unter Umständen noch sehr schön aussehen. Allgemein wird vom Kauf solcher Instrumente abgeraten, da sie meistens eher nur noch Dekorationswert haben. Auf dem Bild sieht man ein moderneres Klavier, bei dem die Dämpfer (mit rotem Filz auf der Rückseite) unterhalb der Hammerköpfe angeordnet sind. Ein Markenklavier mit einem Alter von 20-30 Jahren ist unter der Voraussetzung eines geeigneten Standortes und bei wenigem Gebrauch recht risikoarm für den Käufer, in der Regel sollte man aber grundsätzlich genau hinschauen.

 

Hammerköpfe und Dämpfer - heutige Bauweise

 

Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Herkunft des Instrumentes. Chinesische Klaviere z.B. sind des öfteren mit Vorsicht zu genießen. Erst in jüngerer Vergangenheit werden in China Klaviere annehmbarer Qualität produziert. Dabei ist zu beachten, dass chinesische Klaviere häufig deutsche Namen tragen, also genau hinsehen. Russische und alte englische Klaviere können über sehr schwankende Qualität verfügen. Bei gebrauchten japanischen Klavieren ist zu beachten, dass diese häufig aus Japan importierte Gebrauchtinstrumente sind. Dies kann zum einen problematisch sein, weil sie für ein anderes Klima produziert worden sind und hier nicht ihre optimale Lebensdauer erreichen können, zum anderen, weil sie häufig en gros aus japanischen Musikschulen angekauft werden und ein dementsprechend hartes Vorleben hatten.

Besonderes Augenmerk beim Klavierkauf muss auch der akustischen Anlage gelten. Als wichtige Bestandteile sind Resonanzboden, Saiten und Stimmstock zu nennen. Der Resonanzboden hat die Aufgabe, die Schwingungen der Saiten zu verstärken und ist somit maßgeblich an der Tonentstehung beteiligt. Wenn der Resonanzboden nicht mehr die nötige Festigkeit aufweist, verringert sich zum einen die Klangqualität des Instrumentes. Zum anderen kann er aber auch dem Druck, den die Saiten auf ihn ausüben, nicht mehr standhalten. Das Klavier lässt sich dadurch letztendlich nicht mehr stimmen.

Sie sehen auf den Resonanzboden, wenn Sie ein Klavier von der Rückseite bzw. einen Flügel von unten aus ansehen. Darüberhinaus können Sie den Resonanzboden auch von innen aus sehen, wobei er jedoch teilweise von den Saiten verdeckt wird. Ob ein Riss im Resonanzboden gravierende Auswirkungen auf den Zustand bzw. die weitere Lebensdauer eines Klaviers hat, ist umstritten. Wenn sich jedoch ein Riss im Resonanzboden finden lässt, ist dies zumindest ein Hinweis darauf, dass das Instrument über ein fortgeschrittenes Alter verfügt. In diesem Fall sollte man einen Klavierbauer zu Rate ziehen, der dann auch den Stimmstock unter die Lupe nehmen kann. Im Stimmstock sind die Stimmnägel befestigt, an denen das Klavier gestimmt wird. Der Stimmstock besteht unterhalb der Gussplatte ebenfalls aus Holz und weist dann möglicherweise ebenfalls Schäden auf mit derselben Konsequenz, dass sich das Instrument nicht mehr stimmen lässt. Überprüfen Sie ausserdem, ob das Klavier noch alle Saiten hat und ob diese evtl. übermässig verrostet sind.

Sehr wichtig ist ausserdem der Zustand der Mechanik eines Klaviers. Damit sind alle beweglichen Teile zwischen Tasten und Hammerköpfen gemeint. Ob die Mechanik gut spielbar ist, kann ein geübter Klavierspieler durchaus feststellen. Indizien für eine evtl. überholungsbedürftige Mechanik sind z. B. übermäßiges seitliches Tastenspiel (Vergleichen Sie das Tastenspiel der mittleren, häufig gebrauchten Tasten mit dem der tiefen und hohen, wenig gebrauchten Tasten) sowie ein gewisser Leerlauf beim Drücken der Taste, bevor der Hammerkopf beginnt, sich zu bewegen. Weiterhin gibt der Zustand der Hammerköpfe Auskunft über das Vorleben des Klaviers. Im Bild sieht man, dass sich nach einigen Jahren der Benutzung die Saiten in den Hammerköpfen deutlich abzeichnen. Im Neuzustand war die Oberfläche der Hammerköpfe glatt.

 

Hammerköpfe

 

Überprüfen Sie auch die Funktionsfähigkeit der Pedale. Das rechte Pedal muss ein gleichmäßiges Anheben der Dämpfer bewirken. Beim Treten des linken Pedals rücken die Hammerköpfe beim Klavier ein Stück näher an die Saiten heran, beim Flügel verschiebt sich die ganze Mechanik einschliesslich der Tasten um einige Millimeter nach rechts. Untersuchen Sie außerdem die Filze der Mechanik und der Hammerköpfe auf Mottenfraß.

Im Zweifel sollten Sie grundsätzlich lieber einen Klavierbauer hinzuziehen. Die Kosten, die durch einen Fehlkauf entstehen können, sind erheblich höher.

 

Fotos: (c) Dieter Schütz/ Pixelio

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